Mittwoch, 8. Mai 2024

Spätzle Tricolore **



 

 

 

 

 

 

 



Noch gilt für Kässpätzle keine geschützte Herkunftsbezeichnung, noch zählen sie nicht zum immateriellen Kulturgut der UNESCO (auch wenn wir gerne einen Antrag dafür stellen würden). So lassen sich die verkostungswürdigen Varianten ganz nach Gusto ausweiten. Und verbirgt sich nicht hinter manchem verschämten Tarnnamen ein verborgener Spätzleschatz?

So haben wir diesen italienisch angehauchten Wahlverwandten flugs für unser Testessen vereinnahmt, auch wenn er unter gänzlich anderer Flagge firmiert. Der nahende Neapel-Urlaub stimmt uns milde.

Menge: eine beachtliche, gut kaschierte Portion
Spätzle: "hausgemachte bunte Spätzle" verspricht die Karte
Käse: was sich für eine Pizza eignet, steht auch den Spätzle gut zu Gesicht: Mozzarella
Zwiebeln: sind hier nicht vorgesehen, dafür akkurat ein (leider geschmacksneutrales) Tomatenviertel in jeder Schüsselecke
Viskosität: soft, schlüpfrig, leicht elastisch
Beilage: frischer Blattsalat, der sich als erstaunlich sperrig erweist
Zubereitungszeit: gefühlt unter einer Viertelstunde
Abgang: sorgt zusammen mit einem großen Kaffee für mächtigen Auftrieb
Preis: 9,80 Euro als Mittagstisch
Bewertung: Ganz im Stile der italienischen Tricolore bezaubert diese Kreation vor allem durch ihre hübsche Farbstellung, jedoch weitaus weniger durch ihren Geschmack. Eine neue Erfahrung war dieser Versuch allemal.

Lokalität: BACKGROUND
Mercaden
71034 Böblingen
Tel. 07031/2091540

Sonntag, 5. Mai 2024

Supermittagstisch ***



 

 

 

 

 






So ganz nebenbei kann dieser Blog auch als Gradmesser für die Preissteigerung der letzten 15 Jahre herhalten. Von sensationellen 1,90 Euro für eine Spätzle-Sparportion im Jahre 2010 bis zur gefährlichen Annäherung an die 20-Euro-Marke in den letzten Monaten. Wo soll das noch alles hinführen?

Tobias Meyer ist gewillt, der Aufwärtsspirale ein Ende setzen und ruft kurzerhand den Supermittagstisch aus. Wenn montags andernorts die gastronomischen Schotten dichtgemacht werden, legt sich hier die Küche an der Kässpätzlesfront erst mal richtig ins Zeug. Und das von halber Zwölfe bis Viere am Nachmittag (fast schon Vesperzeit für einen wackeren Schwaben).

Menge: für den supergünstigen Mittagstisch gibt´s vermutlich eine abgespeckte Normalportion
Spätzle: "frische, leckere Eierspätzle aus der Region" meint die Karte, vom "Teighersteller Schmid aus Burgstetten" plaudert die Stuttgarter Zeitung aus
Käse: eine klassische Mischung aus Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: leider diese knurpseligen Allerweltsdinger
Viskosität: anfänglich etwas suppig, später schön fädenziehend
Beilage: knackige Blattsalate mit einem leichten Reichenauer Dressing
Zubereitungszeit: wird vermutlich jeden Montag auf Halde produziert, um dann im Handumdrehen serviert zu werden
Abgang: harmonisch
Preis: sensationelle, unschlagbare 7,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Kampfpreise in bester Stuttgarter Innenstadtlage und bei sonst eher jungem Publikum. Wer montags angefixt wurde, bekommt dienstags Maultaschen, mittwochs Linsen und Spätzle.... und so weiter.... Alles für 7,90 Euro!

Lokalität: tobi´s Restaurant Stuttgart
Bolzstr. 7
70173 Stuttgart
Tel. 0711/2293307
E-Mail: stuttgart@tobis-food.de

Freitag, 5. April 2024

Beim Allgäuer Käsebaron ***

 


 

 












Dass die Kässpätzle im Allgäu und in Vorarlberg am besten schmecken, hat sich längst herumgesprochen. Doch wie lässt sich dieser Spirit auch in entferntere Regionen transportieren?

Der Marktoberdorfer Käsebaron Olli Stich tourt mit seinem Kässpatzenmobil durch das Allgäu oder mit drei Pfannen durch die kulinarischen Hotspots der Nation. So auch als beeindruckende One-Man-Show auf der Stuttgarter Slow Food Messe, wo er mit sämtlichen Kochlöffeln, Pfannenhebern, Geldscheinen, Tellern und Gabeln gleichzeitig jongliert und mit losem Mundwerk alle Besucher duzt.

Menge: von einer Person schier nicht zu wuppen
Spätzle: kompakte Knöpfle
Käse: je ein Drittel Kristallkäse (3 Jahre gereift) / Kristallkäse (4 Jahre gereift) / Emmentaler
Zwiebeln: Unmengen von in Sauerrahmbutter geschmälzten Zwiebeln mit leicht süßlichem Touch
Viskosität: angenehm trocken - dort, wo die Spätzlemasse kurz am Pfannenboden haften blieb, mit latent knuspriger Note
Beilage: den hiesigen Umständen entsprechend keine, doch die Berge von Zwiebeln machen alles wett
Zubereitungszeit: schwuppdiwupp, in nullkommanichts vor den Augen des  Besuchers auf den Teller gehievt
Abgang: trotz des begleitenden herzoglichen Grauburgunders von Schloss Monrepos (aus der nahegelegenen Vinothek) habe ich mit einem mächtigen Nachhall zu kämpfen
Preis: 10,00 Euro
Bewertung: Chapeau angesichts der kulinarischen, körperlichen und mentalen Leistung des Käsebarons auf dieser kräftezehrenden Messe - doch auch angesichts der eigenen Verdauung nach vorhergehendem, wildem Durcheinanderessen.

Lokalität: Olli Stich Käsemanufaktur
(auf der Slow Food Messe 2024: Stand 1H70)
Meichelbeckstr. 45
87616 Marktoberdorf
Tel.: +49 08342 89 84 79
E-Mail: olli@stich-kaese

Samstag, 30. März 2024

Gebacken, nicht gerührt ****

 



 








 

 


 

Bregenz ist viel mehr als Seepromenade, Festspielort und Pfänderbahn. Bei den 1. (ortsansässigen) Literaturtagen am Ostersamstag 2024 wird die Stadt neu kartographiert und präsentiert, von uns hernach gar lukullisch wiederentdeckt. Denn hinter dem Leutbühel gehts noch lecker weiter.

Der "Maurachbund"  - bescheiden als Stadtheuriger firmierend - residiert in einem sorgsam sanierten,  spätgotischen Fachwerkbau und entpuppt sich als wahrer Gourmettempel. Selbst die Expertise von rund 370 verkosteten Kässpätzlevariationen in über 13 Jahren kann uns nicht vor neuen Überraschungen und Darreichungsformen bewahren. Erinnerten die ersten gebackenen Kässpätzle noch vage an Mutterns Grießschnitten, rufen die Maurachbündler Bällchen weitreichende Assoziationen irgendwo zwischen heimischen Kartoffelkroketten und sizilianischen Arancini hervor. Auf Nachfragen gibt die Maurachbund-Wirtin freizügig Auskunft: die Bällchen seien tatsächlich keine eigene Erfindung, sondern von einem Stand am Lindauer Weihnachtsmarkt abgekupfert (vulgo abfrittiert).

Menge: trotz der offensichtlichen Kaloriendichte sorgt die Kombination mit extra dazu gereichten Brotscheiben erst für den richtigen Sättigungsgrad
Spätzle: nicht mehr optisch eruierbar, doch sensorisch ertastbar
Käse: ein individueller Mix aus Räßkäs, Emmentaler und Bergkäse
Zwiebeln: in diesem Arrangement leider nicht vorhanden - dafür um so mehr im steirischen Rindfleischsalat (16,90 Euro) meines Begleiters
Viskosität: außen knackig frittiert, mit geschmeidigem Innenleben
Beilage: wie in einer Bowl fügen sich alle Bestandteile gleichrangig zusammen: Spätzlebällchen, Apfelscheiben, Walnüsse, Blattsalate
Zubereitungszeit: keine Ahnung - wir sind im Plausch mit den Nachbargästen und im Staunen über die architektonischen Besonderheiten versunken
Abgang: einwandfrei, dank einem Gelben Muskateller von Engelbrecht und einem Zweigelt vom Weingut Prickler
Preis: auch hier hart an der Grenze: 19,50 Euro (normale Portion) oder 17,50 Euro (kleine Portion)
Bewertung: Diese außergewöhnliche Darreichungsform erweitert den geschmacklichen Erfahrungshorizont deutlich um neue Nuancen - nur die angepriesene Sauce Cumberland bleibt uns verborgen.

Lokalität: Maurachbund Stadtheuriger
Maurachgasse 11
A-6900 Bregenz
Tel. +43 5574 44446 
E-Mail: office@maurachbund.at

Freitag, 29. März 2024

Beim Seebrünzler ***

 



Etwas verschämt brunzt die kleine Bronzefigur an ein Hauseck in der Bregenzer Kirchstraße. Und markiert zugleich ein kulinarisch-önologisch-bierseliges Bermuda-Dreieck, in dem wir auf der Suche nach der optimalen Vorarlberger Kässpätzle-Version am langen Osterwochenende stranden. Mediterrane Temperaturen, herumwirbelnder Saharasand und aktuelle Dreharbeiten für Die Toten vom Bodensee hüllen die Stadt in eine Aura des Besonderen.

An Karfreitag, der hierzulande kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, steppt förmlich der Bär. Wie gut, dass wir vermutlich einen der letzten freien Tische reservieren konnten. Denn dem Traditionshaus "Goldener Hirschen" hängt ein gleichbleibend guter Ruf an, auch wenn Service und Qualität den Vorschusslorbeeren nicht immer gerecht werden können.

Menge: reichhaltig
Spätzle: Knöpfle, wie es sich für diese Gegend gehört
Käse:  Almas rezente Räßkäse-Bergkäse-Mischung (in verschiedenen Reifegraden)
Zwiebeln: sehr krosse Röstzwiebeln
Viskosität: sensationell fädenziehend, so dass der Verzehr eine nachfolgende Restaurierung von Gesicht und Brille erforderlich macht
Beilage: aus verschiedenen Salatvariationen wählen wir die "gemischte" Option - mit wohlschmeckenden Blatt-, Rettich- und Krautsalaten, aber einem leider vollkommen ungenießbaren Kartoffelsalat (zu fest, zu kalt, mit einem unerklärlichen Würstchen-Odeur unterlegt)
Zubereitungszeit: deutlich zu kurz, um an frische Zubereitung zu glauben
Abgang: es rumpelt und pumpelt gewaltig
Preis: knapp unter der neuen Schmerzgrenze: 19,40 Euro (inkl. gemischtem Beilagensalat)
Bewertung: Die erwartete herausragende Qualität bewegt sich leider im gediegenen Mittelmaß, über das wir uns mit einem Müller-Thurgau von Aufricht (9,40 Euro) und einer Extra-Portion Kürbiskernöl (0,70 Euro) prima hinwegtrösten.

Lokalität: Goldener Hirschen
Wirtshaus Weinstube Bierbar
Kirchstr. 6-8
A- 6900 Bregenz
Tel. +43 55 74 42815
E-Mail: reservation@kinz.at

Dienstag, 5. März 2024

Wiederholungstäter ***

 


 

 

 

 

 

 

 



Manche lukullische Location fühlt sich so wohlig und harmonisch an, dass man glatt zum mehrfachen Wiederholungstäter im Kässpätzle-Milieu werden kann. Damit auch dieser Fall nicht zum Cold Case wird, berichten wir noch brühwarm aus dem Dagersheimer Waldhorn, knapp drei Jahre nach der vorhergehenden Tat. Die Preise sind kaum gestiegen, der herzliche Service und das gepflegte Ambiente sind geblieben. Dass die Kässpätzle keine Convenience-Kreation sind, zeigt ein ungeahnter geschmacklicher Kick, dem wir erst nicht ganz auf die Schliche kommen.

Menge: so viel, so mächtig, so dicht, dass fast die Hälfte eingepackt werden muss (kein Problem!)
Spätzle: ob wohl noch das alte Familienrezept zum Tragen kommt?
Käse: die Patronin bringt es ans Licht: eine rezente Mischung aus Kräutercamembert und Emmentaler
Zwiebeln: huch, daran haben wir gar nicht mehr gedacht
Viskosität: der Camembert sorgt für ungeahnt geschmeidige Konsistenz
Beilage: ein kleiner Beilagensalat, der schon mal größer war
Zubereitungszeit: dank unserer schnellen Entschlossenheit noch vor dem großen Ansturm: nur eine gefühlte Viertelstunde
Abgang: das Zibärtle wäre zur Verdauung nicht nötig gewesen, doch wir genießen diesen seltenen Digestif, wo immer es möglich ist
Preis: 15,80 Euro (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Solide schwäbische Landhausküche auf ansprechendem Niveau. Wir kommen wieder!

Lokalität:Hotel Waldhorn
Böblinger Straße 1
71034 Böblingen-Dagersheim
Tel.: +49 7031 76720
E-Mail: info@hotel-waldhorn.de

Dienstag, 30. Januar 2024

Hoch das Steigle ***

 



 

 

 

 

 

 

 


Schon die dritte Spätzle-Destination noch im ersten Monat des neuen Jahres: verheißt das nicht beste kulinarische Prognosen für 2024? Dafür biegen wir hinter der Bildechinger Steige gleich ins moderate Horber Steigle ab, wo sich noch im letzten Jahrhundert eher landwirtschaftliches Gebiet erstreckte. Hier vespert man schon um 17 Uhr und erwartet habhafte Deftigkeit im Stammtisch-Ambiente. Auch Tradition hat ihren Platz: selbstbewusst zieren alle Teller ein geschwungener Steiglehof-Schriftzug. 

Menge: reichlich
Spätzle: "die machet mer selber"
Käse: eine wahre Überdosis an geriebenem Emmentaler, sowohl geschmolzen unter die Menge gemischt, als auch lose darüber platziert (eine besondere Machart des Hauses?)
Zwiebeln: wurden keine gesichtet
Viskosität: von angenehm schlüpfriger, jedoch keineswegs sahniger Konsistenz
Beilage: dieser sensationelle Beilagensalat verdient Bestnoten: unter luftigem Blattsalat in zitronigem Dressing verbergen sich gestiftelter, sahnig angemachter Rettich, mit Ananas verbrüdertes Kraut und ein Kartoffelsalat ganz comme il faut
Zubereitungszeit: dank unserem Eintreffen noch vor der Primetime lediglich knapp über einer Viertelstunde
Abgang: wohltuend sättigend ohne unangenehmes Völlegefühl
Preis: 15,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Es lebe der Landgasthof! Wir erfreuen uns am zünftigen Ambiente, dem emsigen Service und einer mächtigen, wohlschmeckenden Portion, trotz dem etwas befremdlichen Käsetopping überm Spätzleberg.

Lokalität: Restaurant Steiglehof
Steigle 35
72160 Horb am Neckar
Tel.: +49 (0) 7451 55500
E-Mail: info@steiglehof.de