Sonntag, 19. Oktober 2014

Last exit Renningen ***

 
















Deutschland erholt sich vom bundesweiten Streik der Lokführer. Langsam füllen sich wieder die Bahnhöfe, samt ihrer zugehörigen Gastronomie (und sei es nur dem Namen nach...).

Das bislang eher randständige Renningen hat sich zur vielbesuchten Trainspotting-Metropole gemausert, seit die neuen S-Bahn-Linien S6 und S60 hier verkehren. Da lohnt auch schon mal ein kleiner Ausflug über die Gleise hinweg.

Nur wenige Schritte vom eher unwirtlichen Bahnhof entfernt, überzeugt das schmucke Hotel-Restaurant Zur Eisenbahn mit gepflegtem Interieur, saisonal inspirierten Speisen, sowie zuvorkommendem Service. Selbstverständlich werden die ursprünglich mit Speck vorgesehenen Kässpätzle auf Wunsch auch vegetarisch zubereitet.

Menge: ein gehöriger Batzen
Spätzle: von solch unterschiedlicher Beschaffenheit, dass nur Handarbeit dahinter stecken kann
Käse: ein erstaunlich würziger und vollmundiger Emmentaler
Zwiebeln: kaum eruierbar
Viskosität: gummiert
Beilage: ein sehr fein angemachter Beilagensalat, der aus Frisee-, Acker- und grünem Blattsalat besteht. Als Krönung: ein halbes gekochtes Ei.
Zubereitungszeit: 10 Minuten bis zum Eintreffen des Salates und der Vorsuppe meines Mitessers
Abgang: am Nachmittag leicht grummelnd-rumorend
Preis: 8,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung:  Auch wenn die überzeugende Menge beeindruckt, wirken die hiesigen Kässpätzle ohne Speck doch arg bläßlich (Das Los der Vegetarier...). Dafür erfreuen wir uns an feinem Tafelgeschirr und rustikalen Tischläufern.

Lokalität: Hotel-Restaurant Zur Eisenbahn 
Carmen Faas
Bahnhofstr. 72
71272 Renningen
Telefon: +49 7159 80430
Telefax: 07159 7831
E-Mail: info@hoteleisenbahn.de

O Hagelloch, o Hagelloch ****

















Tübingen im Wahlfieber. Während im malerischen Teilort Hagelloch die Bürger bei sommerlichen Temperaturen in kurzen Hosen zur Wahlurne spazieren, nehmen wir das gefühlte Ergebnis vorneweg und kehren im traditionsreichen Grünen Baum ein.

So stellt man sich ein alteingesesses Dorftgasthaus vor: halbhoch mit Holz vertäfelte Wände, beeindruckende Geweihe und ornithologische Schätze, sowie beherztes Schnitzelklopfen aus der Küche. Über allem residiert eine ausgestopfte Füchsin, die mit Lesebrille in einem Diogenes-Krimi schmökert.

Menge: eine üppige, kaum zu bewältigende Portion im gußeisernen Pfännle (das leider geschmacklich etwas metallisch abfärbt)
Spätzle: von Hand durch die Spätzlespresse gedrückt
Käse: Emmentaler - und davon nicht zu wenig!!
Zwiebeln: sehr krosse, mikroskopisch feine Röstzwiebel (hier hätte mir die geschmälzte Variante vom Rostbraten besser gefallen)
Viskosität: dehnfähiges Elastomer
Beilage: alleinig dieser sensationelle Beilagensalat würde schon glücklich machen: ein grandioser, lauwarmer, schlonziger Kartoffelsalat mit sehr frischem Blattsalat, fein gehackten Paprikawürfeln, aromatischer Möhre und rezentem Retttich
Zubereitungszeit: keine Ahnung, hier haben wir schlichtweg die Zeit vergessen...
Abgang: herrlich sättigend bis zum nächsten Morgen
Preis: 9,00 Euro (inklusive buntem Salatteller)
Bewertung: Grundehrliche, überaus schmackhafte schwäbische Küche. Bitte den hiesigen Most goutieren, der auch wahlweise als Schorle und in rustikalen Krügen serviert wird (von einem Viertele bis zum Litergebinde)

PS. Da der Wirt ursprünglich Konditor gelernt hat, gilt der Kuchen als örtlicher Geheimtipp!

Lokalität: Grüner Baum
Am Dorfbrunnen 29
72070 Tübingen - Hagelloch
Tel.: 07071 66679
Mail: gruenerbaumhagelloch@web.de

Dienstag, 14. Oktober 2014

Spätzle Carbonara *

















Käsespätzle arbeiten sich mehr und mehr in die Riege internationaler Speisen empor. Erst in den letzten Wochen durften wir sowohl eine türkische als auch ein griechische Variante goutieren. Andererseits scheinen wiederum Bestandteile und Beschaffenheit des originären Rezeptes in Vergessenheit zu geraten und in einer verwässerten Crossover-Küche unterzugehen.

Heute stranden wir auf der Durchreise in der hübschen Nordschwarzwaldstadt Nagold, die erst vor zwei Jahren als Austragungsort der Landesgartenschau runderneut und schmuck herausgeputzt wurde. Zu den Gewinnern der neuen Mitte zählt eindeutig das La Meo - Bistro, Bar, Club und Restaurant mit stylishem Ambiente und beeindruckend langen Öffnungszeiten.

Menge: mehr, als ich verdauen konnte
Spätzle: eindeutig Fertigware mit dem Habitus von Spaghetti
Käse: vielleicht Sahne? Oder Streichkäse? Eine ungekannte Fertigmischung? (die Bedienung wusste es auch nicht...)
Zwiebeln: leider absolute Fehlanzeige bei den angekündigten Röstzwiebeln
Viskosität: schlüpfrig-sahnig
Beilage: eine vollkommen geschmacksneutrale, ungewürzte Dekorationsbeilage aus Möhrenstiften, Dosenmais, blässlichem Eisbergsalat, sowie je zwei Scheiben Gurke und Tomate
Zubereitungszeit: viel zu kurz, um glaubhaft eine frische Zubereitung zu suggerieren
Abgang:  liegt mir kloßartig, aber glücklicherweise beschwerdefrei im Magen
Preis: 8,50 Euro (inklusvie Salatbeilage)
Bewertung: Diese vermeintlichen Käsespätzle (ohne Zwiebeln) kommen eher wie Spaghetti Carbonara (ohne Speck) daher. Bei aller Internationalität wünsche ich mir mehr Rückkehrbesinnung zu den Wurzeln regionaler Speisen.

Lokalität: La Meo
Freudenstädter Str. 25
72202 Nagold
Telefon: 07452 / 810373

Freitag, 3. Oktober 2014

Über diese Brücke musst Du gehen ***

 
















Verkehrstechnisch gesehen, ist die Hausener Brücke über die Würm ein Unikum. Als die Gewölbesteinbrücke 1777 fertig gestellt wurde, war noch nicht abzusehen, dass sich dort Jahrhunderte später vielleicht mal zwei Automobile aneinander vorbeizwängen wollen. Und das ohne klare Vorfahrtsregelung. Das kämpferische Schauspiel lässt sich heutzutage im Minutentakt bestaunen.

Die beste Loge ist ein Fensterplatz in der Gaststätte Würmbrücke, hinter ausladenden Gardinenvolants. Hier residiert man in bodenständig eingerichteten Räumlichkeiten, die vage an Vereinsheime meiner Jugend erinnern. Nicht umsonst feiert das Lokal heuer sein 25jähriges Jubiläum.

Menge: mächtige Portion, die den ganzen Teller ausfüllt
Spätzle: hausgemacht und von Hand gepresst
Käse: klassischerweise Emmentaler
Zwiebeln: reichlich angedünstete Zwiebelstreifen unter und auf der Spätzlemasse
Viskosität: omeletteartig mit sympathisch krosser Oberfläche
Beilage: ein mitten im Raum stehendes Büffet lädt zum Zusammenstellen eines Salattellers ein
Zubereitungszeit: knappe Viertelstunde
Abgang: bleibend sättigend und nachhaltigen Durst erzeugend
Preis: 8,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung:  Anerkennung für die feste, pfannkuchenartige Konsistenz, die ganz an die Zubereitungsart meiner Mutter erinnert. Die Dosierung eines herzhaften Gastrogewürzes mit Umami-Geschmack hätten wir uns allerdings deutlich sparsamer gewünscht.

Lokalität: Gasthaus Wurmbrücke
Heimsheimer Str. 18
71263 Weil der Stadt
Telefon: 07033/ 34285
Telefax: 07033 / 35876
E-Mail: wuermbruecke@t-online.de