Montag, 24. Februar 2014

Bei Hermann Hesses Nachbarn ***



 














Man will es kaum glauben: im Nebengebäude wurde am 2. Juli 1877 der kleine Hermann Karl geboren. Auch noch als russischer Staatsbürger, weil der Vater einst nach Estland ausgewandert war.

Fast 140 Jahre, 150 Millionen publizierte Exemplare und einen Nobelpreis später liegt der Calwer Marktplatz immer noch friedlich im frühlingshaften Sonnenlicht. Hermann Hesse wurde zum meist gelesenen deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts - und nur wenige Schritte neben seiner Wiege residiert nun Georgios Koutelidas. Falls Sie ihn nicht kennen sollten: dieser sehr freundliche Grieche ist der Wirt der "Ratsstube"

Einmal quer durch die Zeiten fliegend, wird mir meine Riesenportion auf einem formschönen Teller aus dem Hermann-Hesse-Jahr (2002!) serviert. Nebst Konterfei des großen Meisters und literarischem Zitat.  Mit reichlich angeschmälzten Zwiebeln und gemahlenem Pfeffer. Fast wie im Vorarlberg - wobei wir einen multikulturellen Rundumschlag gewagt hätten.


Menge: deutlich mehr, als ein hungriger Gast vertilgen kann (ich erspare mir, den Rest einpacken zu lassen, da ich mit dem Rucksack unterwegs bin)
Spätzle: wie der Wirt beteuert: selbst gemacht
Käse: standardmäßig ein Emmentaler
Zwiebeln: Unmengen von glasig angedünsteten, frischen Zwiebeln
Viskosität: solche gigantischen Fäden zieht sonst nur ein hartnäckiger Kaugummi
Beilage: der Gast wählt am Selbstbedienungs-Salatbüffet zwischen megafrischen Blattsalaten und Gurkenscheiben, Bohnen und Mais aus der Dose, geraspeltem Kraut und Möhre, etwas trockenem Kartoffelsalat, geschmacksneutralen Tomatenachteln, sowie drei verschiedenen Dressings
Zubereitungszeit: unglaublich kurze 10 Minuten
Abgang: sättigt nachhaltig, jedoch ohne Blähungen oder Durst zu verursachen
Preis: 8,60 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Überaus üppige Portionen, die den hageren Hesse sicherlich eine Woche lang ernährt hätten.

Lokalität: Hotel Restaurant Ratsstube
Am Marktplatz 12
75365 Calw
Telefon: 07051/92050
E-Mail: info@Hotel-Ratsstube-Calw.de

Mittwoch, 12. Februar 2014

Metzgerle und Engele ***

 

 














Heilung und Genesung suchend, finden wir in Bad Liebenzell einen herrlich sonnigen Tag der Rekreation. Als sich auf der Rückreise sacht der Hunger meldet, erinnern wir uns vage an den erlauchten Kreis der Heckengäu-Köche, die uns hie und da bereits mit vorzüglichen regionalen Speisen beglückt haben.

Liegt nicht das traditionsreiche Gasthaus zum Engel auf unserem Heimweg? Der kurze Schlenker über Dätzingen lohnt sich! Nicht nur Schweinehälften aus Ostelsheim scheinen in der familieneigenen Metzgerei zerteilt zu werden, der Junior-Patron Dominik Heinkele erschafft mit seiner Kettensäge auch beachtliche Skulpturen. So empfängt uns ein originelles Cross-Over aus gemütlicher Landgaststube und künstlerischer Ambition.

Menge: gerne wird mir auf Wunsch eine kleine Portion serviert (obwohl nicht auf der Karte ausgewiesen), was sich als vollkommen ausreichend erweist
Spätzle: gediegene, wohlschmeckende Hausmacherware
Käse: geriebener Emmentaler, der leider nicht komplett zerschmolzen ist
Zwiebeln: grandios: mit gebräunten Semmelbröseln vermengt
Viskosität: lange Fäden ziehend
Beilage: feiner Beilagensalat aus frischem grünen Salat, schlonzigem Kartoffelsalat und einem leckeren Feinkostsalat aus gestiftelter Möhre und Sellerie
Zubereitungszeit: etwas über eine Viertelstunde
Abgang: zufrieden machend
Preis: 8,50 Euro für eine normale Portion (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Ehrliche, bodenständige schwäbische Küche mit hohem Qualitätsanspruch. Hier werden frühe Kindheitserinnerungen (nicht nur an Hausschlachtungen!) wach: Metzelsuppe, Linsen und Spätzle, Maultaschen.

PS. Undbedingt probieren: zum Abschluss einen Zwieseler Fink mit betörend feinem Nougat-Aroma!

Lokalität:Gasthaus zum Engel
Döffinger Str. 84
D - 71120 Grafenau-Dätzingen
Telefon: 0 70 33 / 43 235
Fax: 0 70 33 / 42 688 

E-Mail: :info@metzgerei-heinkele.de

Donnerstag, 6. Februar 2014

Mehr Masse als Klasse **


















Einst verbanden wir mit "Onkel Otto"
a) ein traditionsreiches, urgemütliches Ausflugslokal auf der Wangener Höhe
b) die Erinnerung an unseren Lieblingsverwandten
c) eine vage Verknüpfung zu Ernst Jandls bekanntestem Gedicht

Leider scheinen die bewegten Zeitenläufte sowohl das eine als auch das andere Gedenken schwer überschattet zu haben. Im kurzlebigen Internet-Zeitalter wurden alle Zeugnisse des ehemals urigen, überaus originellen Lokals in den Stuttgarter Stubenweinbergen offenbar restlos getilgt. Wann bloß erfolgte die gesichtslose Mutation zu einer XXL-Schnittzelparadies-Restaurant-Kette?

Heutzutage laden Attribute wie "Monster", "Schnitzeltaxi" oder  "Schnitzel to go" zum hemmungslosen Kampfessen ein. Ein dutzend vegetarische Speisen runden das Otto`sche Portfolio zumindest pro forma ab.

Menge: groß-größer-gewaltig
Spätzle:gefälliges Convenience Food mit Umami-Geschmack
Käse: Emmentaler
Zwiebeln: knurpselig angebraten - und nicht zu sparsam verwendet (was fast schon einen Sonderbonuspunkt wert ist)
Viskosität: von weicher Teigigkeit
Beilage: am großzügigen Salatbüffet (diverse grüne Blattsalate, Tomatensalat mit feinen Zwiebelscheiben, Kartoffelsalat, trockene Radieschen, ausgelaugte Rettichstiftchen, Krautsalat, grüne und schwarze Oliven, Paprikastreifen) darf ein kleines Salatschälchen selbst befüllt werden.
Zubereitungszeit: etwas mehr als eine Viertelstunde
Abgang: den ersten naiven Freuden folgt ein schwerfälliger, mühseliger Abgang, verbunden mit verhaltenen Selbstvorwürfen über die ungenierte Völlerei. Später anhaltender Durst.
Preis:8,50 Euro (inkl. Beilagensalat vom Büffet)
Bewertung: Wer Riesenschnitzel in der Größe von Elefantenohren bevorzugt und gerne die Grenzen seiner Kapazitäten auslotet, mag hier richtig sein. Empfindsamere Gemüter sollten den Besuch noch einmal überdenken.

Lokalität: Onkel Otto
Vaihingerstraße 28
71063 Sindelfingen
Tel. 07031 - 8 19 05 83
Mail: info@onkelotto-stuttgart.de