Freitag, 22. November 2013

Klösterliches Schlemmen ****


 
   
Als ausgewiesener Vegetarier hätte ich selbst im Mittelalter gute Karten gehabt und wäre sogar in der Fastenzeit nicht auf Spitzfindigkeiten wie gebratener Schwan oder gesottener Otter angewiesen gewesen. Deswegen blicke ich ganz entspannt auf einen Besuch in Alpirsbach - ob mit oder ohne Klosterbräu!

Allerdings gebärdet sich das Klosterareal im novemberlichen Abendlicht ziemlich düster und abweisend. Fröstelnd pochen wir an die Pforten der Brauwelt und werden mangels Voranmeldung schnöde abgewiesen. Wie tröstlich, dass sich gerade vis-a-vis die einladend beleuchtete Herberge des hiesigen Brauereigasthofs auftut. Hier imponiert ein gepflegt-rustikales Ambiente mit farbigen Butzenscheiben und holzvertäfelter Gemütlichkeit. Und trotz dem jahrhundertalten Joint Venture mit Alpirsbacher Klosterbräu wird mir problemlos ein Rotweinschorle serviert (das nicht einmal auf der Karte existiert).


Menge: eine ansehnliche Riesenportion, deren verbliebene Hälfte mir selbstverständlich eingepackt wird
Spätzle: deftige, griffige Hausmacherware
Käse: ein gefühltes Pfund Emmentaler
Zwiebeln: reichlich Zwiebeln, die der Koch schön gemächlich über einen langen Zeitraum deftig angeschmelzt hat
Viskosität: angenehm und vollmundig an Gummi erinnernd
Beilage: gemischter Beilagensalat mit einem leicht lauwarmen Kartoffelsalat und frischer Kresse als Topping - alles in ein luftiges Sahnedressing getaucht
Zubereitungszeit: eine geschätzte Viertelstunde
Abgang: macht glücklich, zufrieden und satt
Preis: 7,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Geschichtsträchtiger Ort, direkt an den Schienen der Schwarzwaldbahn gelegen. Zu den ausgewiesenen Specials zählt nicht umsonst das Brauherrenwochenende mit Kässpätzle-Essen (selbstverständlich auch für Damen geeignet!). Wo sonst kann der Gast für wenig Geld noch so viel geballte Spätzle-Seligkeit erwarten? Biertrinker sollten den (lohnenswerten!) Besuch unbedingt mit einer Besichtigung der lokalen Brauwelt verbinden.

Lokalität: Brauereigasthof Löwen-Post
Inhaber: Yvonne Stork
Marktplatz 12
72275 Alpirsbach

Tel: 0 74 44 / 9 55 95
Fax: 0 74 44 / 95 59 44
EMail: Loewenpost@aol.com

Montag, 4. November 2013

Zwischen Griebenschmalz und Gaisburger Marsch ****

















Bereits eine Viertelstunde vor Eröffnung der warmen Küche füllen sich die ersten Tische. Und das an einem schnöden Montagabend. Innenarchitektonisch vermengen sich die Braun- und Orangetöne der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit gekonnt gesetzten Akzenten der Moderne. Einige museale analoge Schreibmaschinen, die die Fensterbänke zieren, stehen in reizvollem Kontrast zu den gezückten Smartphones der geschäftsreisenden Hotelgäste. Nur die scheinbare Wärme des Kachelofens bleibt virtuell.

Ein Damenkränzchen kichert sich hüstelnd durch die Tageskarte und wählt dann Kürbiscremesuppe "ohne das ganze Zeug hintenraus" (gemeint sind die Attribute "steirisches Kernöl und geröstete Kürbiskerne"). Eine mutige Wahl angesichts des durchweg bodenständigen Speisenangebots zwischen Schweinskopfsülze, Sauren Kutteln und Gaisburger Marsch.

Menge: eine ovale Auflaufform randvoll gefüllt
Spätzle: schön schlonzig
Käse: Allgäuer Bergkäse
Zwiebeln: mit viel Mehl sehr kross gebratene Zwiebelringe
Viskosität: oben herum auf den Punkt gebräunt und knackig überbacken / unten herum mit etwas zu viel Sahne sehr geschmeidig gemacht
Beilage: dieser Kartoffel-Blattsalat ist wahrlich ein Gedicht: sehr feucht und würzig angemacht, was das hervorragende Aroma der ausgesuchten Kartoffelsorte vorzüglich unterstreicht
Zubereitungszeit: eine halbe Stunde, die mit einem Amuse Gueule von zweierlei Brotsorten mit reichlich Griebenschmalz und mayonnaisigem Kräuterrahm angenehm verkürzt wird
Abgang: die gefühlten 1000 Kalorien des gesamten Arrangements lassen sich erstaunlich gut verdauen
Preis: 8,90 Euro (inklusive Kartoffel-Blattsalat und einem reichhaltigen Gruss aus der Küche)
Bewertung:  Gut besuchte, schwäbische Gastronomie in gemütlich inszeniertem Ambiente. Der Fokus liegt auf traditionsbehafteter Küche. Neben den kross überbackenen Kässpätzle geben auch die adrett gerollten Maultaschen in würziger Bratensauce ein appetitliches Bild ab.

Sympathisch ist die regionale Weinauswahl von den Winzern Currle und Zaiss. Dass für mein Rotweinschorle neuer Wein verwendet wurde, machte ihn überraschend bizzelnd und perlend.

Lokalität: Hotel Sautter
Johannesstraße 28
70176 Stuttgart
Telefon (0711) 61 43-0
Telefax (0711) 61 16 39
info@hotel-sautter.de