Dienstag, 5. März 2024

Wiederholungstäter ***

 


 

 

 

 

 

 

 



Manche lukullische Location fühlt sich so wohlig und harmonisch an, dass man glatt zum mehrfachen Wiederholungstäter im Kässpätzle-Milieu werden kann. Damit auch dieser Fall nicht zum Cold Case wird, berichten wir noch brühwarm aus dem Dagersheimer Waldhorn, knapp drei Jahre nach der vorhergehenden Tat. Die Preise sind kaum gestiegen, der herzliche Service und das gepflegte Ambiente sind geblieben. Dass die Kässpätzle keine Convenience-Kreation sind, zeigt ein ungeahnter geschmacklicher Kick, dem wir erst nicht ganz auf die Schliche kommen.

Menge: so viel, so mächtig, so dicht, dass fast die Hälfte eingepackt werden muss (kein Problem!)
Spätzle: ob wohl noch das alte Familienrezept zum Tragen kommt?
Käse: die Patronin bringt es ans Licht: eine rezente Mischung aus Kräutercamembert und Emmentaler
Zwiebeln: huch, daran haben wir gar nicht mehr gedacht
Viskosität: der Camembert sorgt für ungeahnt geschmeidige Konsistenz
Beilage: ein kleiner Beilagensalat, der schon mal größer war
Zubereitungszeit: dank unserer schnellen Entschlossenheit noch vor dem großen Ansturm: nur eine gefühlte Viertelstunde
Abgang: das Zibärtle wäre zur Verdauung nicht nötig gewesen, doch wir genießen diesen seltenen Digestif, wo immer es möglich ist
Preis: 15,80 Euro (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Solide schwäbische Landhausküche auf ansprechendem Niveau. Wir kommen wieder!

Lokalität:Hotel Waldhorn
Böblinger Straße 1
71034 Böblingen-Dagersheim
Tel.: +49 7031 76720
E-Mail: info@hotel-waldhorn.de

Dienstag, 30. Januar 2024

Hoch das Steigle ***

 



 

 

 

 

 

 

 


Schon die dritte Spätzle-Destination noch im ersten Monat des neuen Jahres: verheißt das nicht beste kulinarische Prognosen für 2024? Dafür biegen wir hinter der Bildechinger Steige gleich ins moderate Horber Steigle ab, wo sich noch im letzten Jahrhundert eher landwirtschaftliches Gebiet erstreckte. Hier vespert man schon um 17 Uhr und erwartet habhafte Deftigkeit im Stammtisch-Ambiente. Auch Tradition hat ihren Platz: selbstbewusst zieren alle Teller ein geschwungener Steiglehof-Schriftzug. 

Menge: reichlich
Spätzle: "die machet mer selber"
Käse: eine wahre Überdosis an geriebenem Emmentaler, sowohl geschmolzen unter die Menge gemischt, als auch lose darüber platziert (eine besondere Machart des Hauses?)
Zwiebeln: wurden keine gesichtet
Viskosität: von angenehm schlüpfriger, jedoch keineswegs sahniger Konsistenz
Beilage: dieser sensationelle Beilagensalat verdient Bestnoten: unter luftigem Blattsalat in zitronigem Dressing verbergen sich gestiftelter, sahnig angemachter Rettich, mit Ananas verbrüdertes Kraut und ein Kartoffelsalat ganz comme il faut
Zubereitungszeit: dank unserem Eintreffen noch vor der Primetime lediglich knapp über einer Viertelstunde
Abgang: wohltuend sättigend ohne unangenehmes Völlegefühl
Preis: 15,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Es lebe der Landgasthof! Wir erfreuen uns am zünftigen Ambiente, dem emsigen Service und einer mächtigen, wohlschmeckenden Portion, trotz dem etwas befremdlichen Käsetopping überm Spätzleberg.

Lokalität: Restaurant Steiglehof
Steigle 35
72160 Horb am Neckar
Tel.: +49 (0) 7451 55500
E-Mail: info@steiglehof.de

Freitag, 26. Januar 2024

Mein lieber Freund und Kupferstecher ***

 


 

 

 

 

 

 

 



Ermattet und ausgehungert nach einer Raum- und Zeitreise ins hellenistische Pergamon, streben wir zielgenau die nächsten verfügbaren Fleisch- (respektive: Spätzle-)Töpfe an. Die deftige Hausmannskost im Gasthaus Kupferhammer ist so fleischverliebt, dass sogar die Kässpätzle standardmäßig mit Schinken angeboten werden. Doch selbst die abgespeckte Variante treibt uns in der gut eingeheizten Stube noch den Schweiß auf die Stirn.

 

Menge: selbst ein hungriger Hellene hätte mit dieser Portion zu kämpfen
Spätzle: dicke, breite, gepresste Hausmacherware
Käse: "Edamer", rapportiert das Servicemädel - eine Mischung mit parmesanigem Unterton, erahnt die Spätzialistin
Zwiebeln: optisch nicht sichtbar, jedoch sensorisch fein aufzuspüren
Viskosität: suppig
Beilage: ein vielseitiger, reichhaltiger Beilagensalat mit Kraut, Möhre und Kartoffelsalat im Unterbau, gekrönt von luftigem Grünwerk
Zubereitungszeit: nach 5 Minuten steht der Salat auf dem Tisch, nach weiteren 10 Minuten der Rest
Abgang: ächzend ob der schieren Menge
Preis: 14,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Rustikales Ambiente, riesige Portionen, rascher Service. Allein die sahnige Schlonzigkeit der Käsespätzle ist leider nicht meins.

Lokalität: Gasthaus Kupferhammer
Am Kupferhammer 1
75181 Pforzheim
Tel.: 07231 67712

Mittwoch, 24. Januar 2024

Böhmisches Paradies ***

 



Gut 10 Jahre (und wohl einige Pächterwechsel) nach unserem letzten Besuch wischen wir uns verwundert die Augen angesichts des rundherum aufgehübschten Interieurs und der überbordenden Herzlichkeit der neuen Betreiberinnen Arina Gendlin und Marketa Nepevny.  Kurz vor Mariä Lichtmess ist noch weihnachtlich eindekoriert - und wer nicht vorsorglich einen Tisch reserviert hat, könnte das Nachsehen haben. Denn die tschechische Enklave im Sindelfinger Outback hat sich schnell zum Rentner-Eldorado entwickelt.

Menge: reichlich
Spätzle: leider lätschig weichgekocht
Käse: "auch Bergkäse", verrät Arina Gendlin lächelnd, "auch Gouda", fügt sie auf Nachfragen hinzu
Zwiebeln: fein gehackt im Kässpätzlekonglomerat, plus einige frische rote Zwiebelscheiben on top
Viskosität: eine Blindverkostung hätte uns wohl eher Brei vermuten lassen
Beilage: eine überzeugend frische, knackige Blattsalatmischung mit feinem Kresse-Topping und kräuteriger Vinaigrette
Zubereitungszeit: gut eine halbe Stunde
Abgang: trotz der Menge lockerleicht
Preis: 13,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Geschmacklich und optisch eine Freude, jedoch haptisch eine herbe Enttäuschung. Nur zahnlose Gäste könnten diese Konsistenz goutieren. Wir drücken alle Augen zu - denn liegt die Kernkompetenz der Küche nicht in böhmischen Spezialitäten?

Lokalität: Gaststätte SchützenHaus
Mönchsbrunnen 2
71065 Sindelfingen
Tel.: 07031 306 95 07
E-Mail: schuetzenhaus.info@gmail.com

Donnerstag, 23. November 2023

Die Schweizermacher ***

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Foodtrucks und Essen im Vorübergehen sind en vogue. Davon lebt auch die jährliche Eat&Style, das Sahnehäubchens des traditionellen Stuttgarter Messeherbstes. Hier lassen sich internationale Spezialitäten verkosten, auch wenn ihre tatsächliche Provenienz nicht immer den naheliegenden Assoziationen entspricht.

So residiert unter mächtiger Schweizer Flagge ein schmackhaftes Käse-Imperium, dessen engagierte Crew durch schwäbischen Zungenschlag beeindruckt. Ein Schelm, wer hier an kulinarisch-kulturelle Aneignung denkt. Mein besonders Lob gebührt dem Knöpfli-Koch, der in meditativen, gymnastisch anmutenden Tai-Chi-Bewegungen geübt die Kässpätzlemischung durch die Pfannen zieht.

Menge: eine ordentliche Portion, von der gleich zwei neugierige Testesser schnabulieren können (die 30 Cent Aufpreis für die zweite Gabel wird mir freundlicherweise erlassen)
Spätzle: die "Knöpfli" stammen aus Ulm, wie mir unter der Hand zugeflüstert wird
Käse: "soo... chäsig": Appenzeller und Bergkäse in einem geheim gehaltenen Verhältnis
Zwiebeln: dieses knurpselige Fertigmodell kennen wir aus Dänemark
Viskosität: angenehm schlonzig, dank der Zugabe einer Gemüsebrühe-Kochsahne-Mischung
Beilage: die rezent-würzigen Aromen schreien förmlich nach frischen Blattsalaten als Begleitung, doch das ist hier leider nicht drin
Zubereitungszeit: in Nullkommanichts
Abgang: macht gehörig Durst
Preis: 9,00 Euro ("Chef Tradition"), bzw. 10,00 Euro ("Chef Spezial", mit extra Käse Topping)
Bewertung: Ein überraschendes bayrisch-schweizerisches Joint Venture als gelungene Mogelpackung.

Lokalität: Culinar Schwiiz
(auf der Eat&Style Stuttgart 2023, Stand 8A22)
Breslauer Straße 10
89231 Neu-Ulm
Tel. +49 1522 2974949
E-Mail:
CulinarSchwiiz@web.de

Mittwoch, 1. November 2023

An den Ufern der Blau ****

 



 

 

 

 

 

 

 

Was dem Venezianer seine Gondel, entspricht in Ulm der Zille (nicht zu verwechseln mit dem Berliner Künstler  - auch wenn er in Ulm genügend Lokalkolorit gefunden hätte). Mit den flachen Booten ist in früheren Zeiten so mancher die Donau hinabgegondelt - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Wobei man heutzutage im Ulmer Fischerviertel, an den malerischen Ufern der Blau, lieber ganz entspannt "Zur Zill" einkehren mag. Am besten an einem denkwürdigen Feiertag wie Allerheiligen (ja, heute ist es auch kalendarisch soweit!)

Menge: sättigt donauabwärts mindestens bis Passau
Spätzle: gedrungene, kompakte Knöpfle
Käse: die Dominanz des Allgäuer Bergkäses wird von weiteren Sorten geschmacklich abgerundet
Zwiebeln: knusprig frittierte authentische Röstzwiebeln
Viskosität: angenehm trocken und fest
Beilage: keine - doch ein extra Beilagensalat (für dezent überteuerte 5,80 Euro)  ist ein ernährungsphysiologisches Muss
Zubereitungszeit: knapp über eine Viertelstunde
Abgang: grummelig (dabei hätte es an einer ansprechenden Digestif-Auswahl nicht gemangelt)
Preis: 13,40 Euro (Kässpätzle) plus 5,80 Euro (Beilagensalat)
Bewertung: Dieses lukullische Meisterwerk trägt die Bezeichnung "Allgäuer Käsespätzle" nicht von ungefähr und kommt seinem Vorbild schon beträchtlich nahe: aromatisch, würzig, deftig, mit wohligem Gaumengefühl. Ein Lob der bescheiden auftretenden Köchin!

Lokalität: Zur Zill
Schwörhausgasse 19
89073 Ulm
Tel.: 0731-1517787
E-Mail: info@zur-zill.de

Mittwoch, 11. Oktober 2023

Nach Allerheiligen noch vor denselbigen ***





 

 

 

 

 
















Zwei Wochen vor dem kalendarischen Allerheiligen zeigt das Thermometer noch hochsommerliche Temperaturen und verleitet zu einer verspäteten Wallfahrt ins gleichnamige Kloster, dessen Erstellung - der Legende nach - durch einen Esel bestimmt wurde, der genau an diesem Platz einen Geldsack abwarf. Welch gewinnversprechender Ort für eine Klosterschänke!

828 Jahre nach der Stiftsgründung sonnen sich Biker, Ranger und Wanderer in Trekkingklamotten vor der romantischen Kulisse der Klosterruine und verzehren ethisch vertretbare Pulled Pork Burger oder  biologisch-dynamisches Dinkelrisotto. Wir bleiben beim Altbewährten!

Menge: eine Riesenportion für darbende Mönche in der Fastenzeit
Spätzle: hausgemacht
Käse: Bergkäse pur
Zwiebeln: Röstzwiebelknurpsel obendrauf
Viskosität: luftig-lätschig unter einer knusprig-krossen Decke
Beilage: der leichte Beilagensalat überrascht durch Brokkoli- und Gemüsereste unter grünen Blättern und Möhrenstreifen
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Abgang: beschwerlich wie der Abstieg zu den Wasserfällen
Preis: 18,50 Euro inklusive Beilagensalat (und dafür braucht es keinen Esel)
Bewertung: Heiliger Bimbam: welch malerischer Ort, welch exquisite Speisen. Wären die Kässpätzle nicht lauwarm und mit etwas mehr Biss serviert worden, hätte ich mich zu einem Halleluja hinreißen lassen.

Lokalität: Kloster Allerheiligen
Allerheiligen 6
77728 Oppenau
Tel.: +49 (0)7804 1200
E-Mail: info@kloster-allerheilgen.de